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Aktuelles
Wir schreiben Postkarten an den Bundesgesundheitsminister

Sehr geehrter Herr Lauterbach, ...

Die CuraZentrum Uchte gGmbH und die Diakonie Sozialstation gGmbH im Kirchenkreis Stolzenau-Loccum sind sich einig: Wir müssen etwas tun! Wir müssen laut werden, damit wir endlich gehört werden. Aus diesem Grund unterstützen sowohl das CuraZentrum in Uchte und Lavelsloh als auch die Diakonie Sozialstation in Uchte die Postkartenaktion des DVLAB (Deutscher Verband der Leitungskräfte der Alten- und Behinderteneinrichtungen e.V.) zum Thema "Umbau der Altenhilfe JETZT".

Worum geht es bei der Postkartenaktion? Am 5. April 2023 wurde in der Bundespressekonferenz der Entwurf zur Reform der Pflegeversicherung und weiterer Gesetzesvorhaben vorgestellt. Der Gesetzesentwurf soll zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege beitragen (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz; kurz: PUEG).

Der Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach äußerte sich wie folgt zur Reform der Pflegeversicherung: "Die Pflegebedürftigen haben unsere volle Solidarität verdient. Da die Kosten für eine gute Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen. Sowohl in den Heimen, aber ganz besonders auch bei der Pflege zu Hause müssen wir die Leistungen verbessern. Gleichzeitig gilt es, die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren. In einer menschlichen Gesellschaft muss uns die Pflege Hochbetagter mehr wert sein. Dass immer mehr Menschen nach einem arbeitsreichen Leben in die Sozialhilfe abrutschen, werden wir nicht akzeptieren."

Das klingt erstmal gut: Pflege soll "mehr wert sein" und andere sollen zahlen, damit die Pflegenden und deren Angehörige nicht mehr so viel zahlen müssen. Wenn man recherchiert, wie hoch der Eigenanteil von Pflegeheimen in Niedersachsen ist, findet man einen Durchschnittswert von etwa 2.000 €. In der Realität und Erfahrung bewegen sich die Eigenanteile jedoch im Kreis Uchte und Umgebung eher zwischen 2.000 und 2.500€ (in NRW noch mehr). Jeder Bewohner und jede Bewohnerin muss diesen Eigenanteil jeden Monat zahlen, unabhängig vom Pflegegrad.

Und jedes Mal, wenn es heißt "Pflege(fach)kräfte müssen mehr verdienen", ist es am Ende der Pflegekunde, der diesen Mehrverdienst zahlt, da sämtliche Kostenstellen eines Pflegeheims mit den Pflegekassen verhandelt werden. Als Einrichtung können wir die Preise nicht selbst regulieren. Wir als Einrichtung und Pflege(fach)kräfte sind also darauf angewiesen, dass sich die Gesetzesgrundlagen ändern bzw. dass sich der gesetzliche Rahmen, in dem wir arbeiten und uns bewegen, endlich ändert. Dieser starre und bisher feste Rahmen muss endlich umgebaut werden!

Eine „Umbaumaßnahme“ umschreibt die „Initiative zur Reform der Pflegeversicherung“ und bringt einen Vorschlag, wie man die Eigenanteile begrenzen kann: „Gute Pflege muss wieder für alle bezahlbar sein. Das wird möglich, indem man das aktuelle Pflegesystem auf den Kopf stellt – mit einem so genannten Sockel-Spitze-Tausch: Bisher bezahlt die Pflegekasse den festen Sockel und die nach oben offene Spitze zahlen die Kunden als Eigenanteil. Jede Verbesserung treibt also nur die Kosten der Kunden in die Höhe. Mit dem Sockel-Spitze-Tausch drehen wir das um: Die Kunden bezahlen den festen Sockel und alle weiteren Kosten bezahlt die Pflegekasse.“ (Quelle: www.pro-pflegereform.de/die-reform).

Gute Pflege auch zukünftig noch leisten zu können (aus Sicht der Pflegeeinrichtungen) und sich noch leisten zu können (aus Sicht der Pflegekunden), braucht also eine mutige Reform!

Die vorgestellte Reform aus dem April diesen Jahres ist alles andere als mutig - mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) haben der Bundesgesundheitsminister und Teile der Bundesregierung deutlich gemacht, dass ihnen die Situation der Altenhilfe entweder nicht bewusst ist oder von nachrangiger Bedeutung erscheint. Viele Verbände bemängeln zwar die unzureichenden Leistungsverbesserungen, aber der Blick auf die notwendige Neuausrichtung der Altenhilfe fehlt – gerade vor dem Hintergrund des demografiebedingten dauerhaften Arbeitskräftemangels bei gleichzeitig überalternder Gesellschaft. Wir müssen die Pflege- und Versorgungsstrukturen jetzt neu denken! Andernfalls werden wir erleben, wie die jetzigen Problemlagen in den nächsten Jahren zu gravierenden Mängeln führen – zum Leidwesen der auf Pflege und Unterstützung angewiesenen Menschen.

Der Bundesgesundheitsminister verweigert also die umfassende Pflegereform und deshalb wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten mit dem Versenden der Postkarten ein klares Signal an den Bundesgesundheitsminister senden und endlich gehört werden.

Übrigens – am 12. Mai ist der internationale Tag der Pflege. Die DEVAP (Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege e.V.) und die Diakonie Deutschland planen eine gemeinsame Aktion zum Tag der Pflegenden.

Die Idee ist, dass bundesweit diakonische Einrichtungen, Dienste und Pflegeschulen am 12.05.2023 um 12:05 Uhr an der Aktion teilnehmen und zum Motto #5nach12 auf die Straße gehen. Für die Social-Media-Kampagne sollen Bilder der Aktion unter den Hashtags #5nach12, #PflegeWirdLaut, #PflegeSteht und #AusLiebe um 12:05 Uhr hochgeladen und geteilt werden – auch bei dieser Aktion machen wir mit, denn wer leise ist, wird nicht gehört!